1985-1994
Mohna hat eine Platte über ihre Kindheit aufgenommen. Nein, vielmehr über Kindlichkeit an sich. Obwohl der Titel ihr erstes Lebensjahrzehnt nennt, geht „1985-1994“ weit über das Autobiografische hinaus und räumt 13 Songs lang mit der Annahme auf, die frühen Jahre seien eine unkomplizierte Zeit. Im Zentrum der Musik stehen Mohnas mädchenhaft-brüchige Stimme und ein Klavier, das die Hamburgerin mit unverstellter Einfachheit bedient. Dabei entlockt sie dem Instrument eine bezaubernde Melancholie, wie sie sich keinem Virtuosen erschließt. Es sind sanft gehauchte Momentaufnahmen, die durch kammermuskalische Öffnungen an Weite gewinnen. Klarinette, Kontrabass, Geige und Percussion gehören ebenso zum Klangbild wie das mechanische Klacken der Tasten, das Klirren der Saiten und das Knarzen des Partkettbodens. Kompositionen von Erik Satie, Max Richter und Hauschka liegen dieser Aufnahme näher als der tanzbare Indiepop, dem Mona Steinwidder in ihrem zweiten Musikleben als Keyboarderin und Sängerin des Hamburger Trios Me Succeeds zuzurechnen ist. „1985-1994“ spürt den frühen Gedanken und Gefühlen nach, den Schlaglichtern der Erinnerung, die uns bleiben und prägen. Noch fehlt der Überblick, dafür richten sich die Sinne auf kleine Details, die den Erwachsenen permanent durchs Wahrnehmungsraster rutschen: flüchtige Episoden, schnell Dahingesagtes, unbewusstes Beiwerk. Es mag Mohnas eigene Arbeit als bildende Künstlerin sein, die ihr die Fähigkeit zum wachen Blick erhalten hat. So dringt sie auf „1985-1994“ nicht nur weit in Gefilde frühkindlicher Weltsicht vor; die Aufnahme selbst klingt wie neu geboren. Die Musik entfaltet sich so klar und verletzlich wie ein eben entzündetes Kerzenlicht, das nichts besitzt außer das Feuer selbst. Fast möchte man den stillen Schein, das Halbdunkel, als passendes Ambiente zum Hören dieser Platte empfehlen.