Notes On Sunset
Hobotalk Notes on Sunset Glitterhouse Records / Indigo GRCD 636 VÖ: 13. Juni Manchmal fällt es so unsagbar schwer zu vergessen. Meist unangenehme Erinnerungen, die sich einfach nicht verdrängen lassen. Die guten Momente vergisst man hingegen oft schneller, als einem lieb ist. Einer der ganz großen Momente hieß "Beauty in Madness", das erste Full Length-Album des schottischen Quartetts Hobotalk, 2000 auf dem Virgin/EMI-Ableger Hut Recordings erschienen. Ein NeoFolk/Pop-Album, das den ganzen Presse-Rummel verdiente und damals sogar im Gespräch für den Mercury Music Prize war. Doch die Zeit verdrängte dieses Werk aus der Erinnerung vieler, 2002 wurde der Vertrag mit Virgin gelöst, der "Quiet is the new loud"-Zug, dessen Lokführer Hobotalk hätten werden können, sauste an ihnen vorbei und Marc Pilley, Songschreiber und Stimme des Quartetts nutzte die Auszeit, um ausgiebig zu reisen, ein paar Auftragssongs zu schreiben und Eindrücke für das neue Album zu sammeln. Dieses erschien in Großbritannien im April auf einem kleinen Indielabel und für den Rest Europas hat sich Glitterhouse seiner mit funkelnden Augen und schwitzenden Handflächen angenommen. Das zur Verfügung stehende Budget war gegenüber dem Vorgänger um einiges geschrumpft. Für Hobotalk eher eine Herausforderung denn eine Beschneidung. Sein Leben in einem Roman zu erzählen ist schon eine Kunst. Aber nur der wahre Jakob schafft es, das gleiche mit einem Haiku auszudrücken. Marc Pilley ist einer. Es ist 2005 und Hobotalk sind zurück. Ein umjubelter Auftritt beim diesjährigen SXSW und die prompte Einladung zur Popkomm zeigen, dass die konstant gebliebenen Koordinaten bei Hobotalk unabhängig von jeglichen Strömungen funktionieren: Folky Pickings, ein leichtes Anlehnen an Americana, das Wissen um die Kraft reduzierter Popsongs und Marc Pilleys über allem strahlende Stimme tragen das Zweitwerk ?Notes on Sunset?. Im Ergebnis hört man manchmal swingende und manchmal traurige, verspielte oder auch leicht ätherische Stücke, die die Sehnsucht nach reiner Schönheit nicht nur erwecken sondern auch direkt erfüllen. Pilleys außergewöhnliche Stimme ist bereits mit Größen wie Tim Hardin oder dem jungen David Crosby verglichen worden. Er klingt gleichzeitig nach Verlassensein und nach Hoffnungsstrahlen. Keine Ahnung, wie er das hinbekommt. Intensiviert wird dieser Eindruck noch durch die kompositorische Klasse der Songs und das großartige Zusammenspiel seiner Band. Gerade die unaufdringlichen, aber in fast jedem Stück präsenten Figuren, die Ali Petrie an den Tasteninstrumenten einstreut, scheinen wie aus Sommertagsschatten geschnitzt. Die Turin Brakes bewegen sich auf ähnlichem Terrain und von Instrumentierung und Arrangements ist auch Aimee Mann nicht allzu weit entfernt: Ein Balsam aus Ton und Stimme. Pilleys Songs handeln von Verlust, Schmerz und Hoffnung. Sie haben mit Trends und Zeitgeistern gar nichts zu tun, richten sich stattdessen direkt an die heimlichen, verborgenen Vintage-Gefühle des Hörers. Man könnte fast sagen, "Notes on Sunset" ist eine romantische Platte geworden. Es ist, der Titel deutet es bereits an, ein Album ähnlich den immer zu kurzen, aber auch immer wiederkehrenden Momente von natürlicher, warmer, leicht melancholischer Schönheit. Ein Sonnenuntergang im Indian Summer. Zeitlos. Dorian Gray wurde Musik. Quotes: