The Burgenland Dubs
Es gibt Geschichten, die wie ein kleines Märchen musikalische Entsprechung finden. Der geschätzte Ian Simmonds, der sich derzeit als Sänger und Poet auf Tour in Japan mit einem 18-köpfigen, japanischen Improvisations-Orchester befindet, welcher unter seinem bürgerlichen Namen und als Juryman für die innovativsten Schübe hinsichtlich neuer Wege in der elektronischen Grenzgänger-Musik verantwortlich ist, verlässt 2005 London, um in der ostdeutschen Provinz, im beschaulichen Jena in Thüringen ein neues Kapitel aufzuschlagen. Seine Wurzeln liegen in der elektronisch-innovativen britischen Szenerie in der ersten Hälfte der 90iger jenseits des Rave. Er ließ auf seinem 2000er Glanzwerk „The Hill“ Alison Goldfrapp elfengleich vocalieren, duzt und trifft sich mit Größen der Musikwelt etc... schließlich sucht er den Neuanfang auf deutschem Festland. Seit 1995 hat er Kontakte und Freunde gewonnen in Jena und ist häufig gebuchter Artist im Club Kassablanca. Er ist immer mehr vom klangkreativen Spirit der Stadt und den liebgewonnenen Musikschaffenden der Region angetan und entscheidet sich für ein ehrenvolles „Untertauchen“ in ein neues, kreatives Abenteuer mit frischer Inspiration. Relikt dessen ist seine Live-Jazz-Poetry Band Wise in Time (CD „The Ballad of Den the Men“ Crammed Discs) mit entsprechender Tour, sowie Vinylreleases auf Musikkrause. Nach 2 Jahren in Jena, braucht Ian einen gänzlich neuen Raum für die Realisierung eines neuen, eigenen Albums. Durch den Tip eines Freundes, der einen Burgherren kennt, findet er den perfekten Platz: die alte Burg Wendelstein inmitten des Weinanbaugebietes Unstrut-Tal im Burgenland (Sachsen-Anhalt).Er mietet sich zum Spottpreis ein und beginnt als Landlord unter dem Einfluss von altem Gemäuer und faszinierender Natur an der Arbeit zum Album „The Burgenland Dubs“, nachdem er sich sein Studio eingerichtet hat. Unter der Diktatur fehlender Heizung, morscher alter Fenster, zweier harter Winter mit Eiskristallen im Bart beim Aufwachen, werkelt der Burgvogt Simmonds uneingeschränkt inspiriert und atemfrei wie seit 20 Jahren nicht mehr, in dieser besonderen Atmosphäre. Wie ein Weltreisender im Geiste schuf Simmonds ein Werk voll maritimer Dimension, rhythmischer Materie, lyrischer Momente, dramaturgischer Beatverzauberung und orchestraler Ausstrahlung, ohne dabei der Monumentalitätsfalle der Überfüllung ins Netz zu gehen. Das wie- aus- einem- Guss und Stilvielfalt sich hervorragend vertragen, beweist diese swingende akustische Reise traditioneller Instrumentierung gepaart mit Errungenschaften elektrischer Klangkultur. Ian Simmonds scheut sich dabei nicht vor einer offenkundigen Verortung in der afroamerikanischen Musiktradition und historischen Sujets aus anderen musikalischen Sitten und Bräuchen. Dabei entsteht ein Perpetuum aus gleichzeitig Synthese und Ablegen konkreter Referenzen. Ein Mekka für Soulbrüder und Jazznovizen, ent-schlüsselt sich genauso aus dem Klangreichtum, wie die Motive britischer Break’n’Step Gesinnung samt Downbeat- Inseltum, Klassik und Soundtrack Verortung, sowie die Tiefe und Geradlinigkeit von Klängen aus Detroit. Scheinbar zusammengehalten von der Urbasis des Funk und Jazz, liegen Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart dicht eingewebt in einer Materie der Moderne. Angefangen hat alles mit der außergewöhnlichen Combo The Sandals (1992-94), welche Wucherndes in der damaligen Brit- Insel- Clubinnovation vorwegnahm. Als Jurymann begann er die Schnittmengen moderner Musik mit Tradition auszuloten. Es entstanden unversiegbare Produktionen in Form von 12“, Remixen und Alben auf renommierten Labels wie SSR, Ntone, !K7, Pussyfoot, G-Stone, Compost Records, Poets Club, JCR und Crammed Discs. Seine Diskografie gehört zum zeitlosen Innovations- Entertainment im Grenzbereich von Forschung und Leidenschaft.