Hans Werner Henze: Symphonies 1 & 6
Im Gegensatz zu vielen Komponisten, die sich der Gattung der Sinfonik erst in reifen Jahren zuwandten, schrieb Hans Werner Henze seine „1. Sinfonie“ bereits als Zwanzigjähriger. Henze selbst bezeichnete diese Urfassung später als „reinen Fehlschlag“ – eine Umarbeitung des Werkes kam 1964 in Berlin zur Aufführung: „Es sind rhythmische, harmonische und melodische Zellen aus der Urfassung darin geblieben, und im langsamen Satz gab es so gut wie keine Änderungen, aber sonst ist alles neu und anders und besser.“ (Henze) Tatsächlich handelt es sich bei den Ecksätzen des nun dreisätzigen Werks nicht nur um eine bloße Revision, sondern um eine Neukomposition, in welche Henze die Erfahrungen seiner Sinfonien 2 bis 5 einfließen lassen konnte. Er operierte nun mit zwölftönigen Themengestalten, ohne jedoch die Dodekaphonie jemals streng anzuwenden. War bereits die Urfassung der Sinfonie für ein relativ kleines Orchester geschrieben, wurde nun die Besetzung nochmals reduziert: Fagotte, Posaunen, Tuba und Schlagzeug fehlen, dafür treten Harfe, Klavier und Celesta hinzu. Ende der Sechzigerjahre begann für den Komponisten eine neue Ära, markiert vor allem durch das immer radikaler werdende Engagement für die politische Linke: Henze solidarisierte sich mit der Studentenbewegung und mit den Befreiungsbewegungen der Dritten Welt. 1969 reiste er zudem zweimal nach Kuba, eingeladen vom dortigen Nationalrat für Kultur: Schon bei seinem ersten Aufenthalt wünschte man sich von ihm explizit eine neue Sinfonie; bei seiner zweiten Reise hatte er das Orchestermaterial für seine „Sinfonia N. 6“ bereits dabei. Die Uraufführung fand noch im selben Jahr in Havanna statt. Neben seinem politisch motivierten Interesse war es vor allem die volkstümliche Musik Kubas, die Henze bei der Komposition seines Werks beeinflusste: „Meine Sechste, eine lutherisch-protestantische Sinfonie, hat einen heidnischen Corpus, sein Pulsschlag und sein Blutdruck sind schwarz. Das kommt von der Mythologie her und aus der mythologisch zu verstehenden Rhythmik der Musik, Ausdrucksmittel der einst nach Kuba verschleppten und dort sesshaft gewordenen Afrikaner, einer Musik, die heute so lebendig und unwiderstehlich ist wie je. Ich machte mir diese Rhythmen zu eigen. Ich wollte, dass sie das ganze Stück durchdringen und alle Stimmen ihrer Zugehörigkeit in die Gesamtstruktur versichern sollten.“ Koproduktion mit Deutschlandradio Kultur und ROC Berlin