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Bart Aber Herzlich

Bart Aber Herzlich

Gold hatte er sich erhofft – vier mal Platin hat er bis heute erhalten. „0816“, das letzte Album von Bligg, ging durch die Decke, wie nichts zuvor in seiner Karriere; er verkaufte acht mal (!) mehr Exemplare, als er sich gewünscht hätte. „Was ist Erfolg?“, sinniert er nun in der Bar des Allegro in Bern, und weist hin auf eine Zeile aus dem Opener zum neuen Album „Bart aber herzlich“: „Es schiint, als hätted si vergässe, um was es würklich gaht: Musigg!“ - „Einst war es für mich ein Erfolg, wenn wir mit Bligg’n’Lexx 4000, 5000 Platten absetzen konnte; Platten, die wir einfach gemacht hatten, damit wir was für uns und unsere Freunde hatten.“ 5000 Platten – das ist ein Drittel einer goldenen Auszeichnung. Vier mal Platin sind 24 mal mehr. „Wir haben ein Monster kreiert“, hatte er früher einmal über „0816“ gesagt. Und jetzt muss er nachlegen. Und hört Stimmen, die sagen „Bligg ist nicht mehr glaubwürdig, weil er Kommerz macht“ oder „Er wird ‚0816’ nie toppen können, weil sich höchstens noch selber kopieren kann.“ Viel Gerede, viele Fragen, viele Anforderungen. „Ich bin für das neue Album durch die Hölle und zurück“, gesteht er, „in mancherlei Hinsicht.“ ‍ ‍ ‍ Zum einen war da der Anspruch, eine neue Platte zu machen, die Bligg ist, aber keine „0816“-Kopie. „’0816’ war ein Konzept-Album, auf dem ich traditionelle Schweizer Instrumente mit Elementen des HipHop vermengen wollte“, wiederholt er den Satz, den er in den letzten zwei Jahren seit der Veröffentlichung des Albums, das sein Leben verändern sollte, unzählige Male schon gesagt hat. „Zum eigentlichen Start der Arbeit am neuen Album reisten für zwei Wochen nach New York. Wir wollten Distanz von all den Einflüssen daheim gewinnen“, erzählt Bligg. „Wir sassen zusammen und liessen die Köpfe rauchen. Die Frage, um die sich alles drehte, war: Wie kriegen wir ein Album hin, das keine Kopie von ‚0816’ ist, aber Elemente daraus durchaus aufnimmt?“ Zwei Tage hirnten und suchten Bligg und seine Crew, bis der Meister ein Machtwort sprach: „Wir kamen auf keinen grünen Zweig“, erinnert er sich. „Deshalb sagte ich: Lasst uns das tun, was wir immer getan haben: Musik machen.“ Und so kristallisierte sich heraus, in welche Richtung es mit „Bart aber herzlich“ gehen könnte. ‍ ‍ ‍ Der Kern des Erreichten ist für Bligg klar: „Wir haben es geschafft, einen eigenen Sound zu kreieren. Etwas, das nicht HipHop ist, nicht Rock und nicht Pop. Ein Sound, der so eigen ist, dass es meine Stimme gar nicht braucht. Ich denke, wer die Instrumentals hört, weiss, dass diese Tracks von Bligg sein müssen.“ Unverkennbar schwingt bei diesen Worten Stolz in der Stimme mit. Er könne heute das machen, was er schon früher hätte tun wollen: Sounds mit einer echten Band kreieren. „In meinen Anfängen fühlte ich mich mit Sounds ab Konserve immer eingeschränkt. Ich bin in einem Haushalt aufgewachsen, in dem der Vater ein Vinyl-Junkie war. Aber meine Eltern konnten sich keine musikalische Ausbildung für mich leisten – oder ein Instrument. Deshalb war HipHop für mich der einzige Weg, Musik zu machen. Wir brauchten nichts – oder wenigstens fast nichts – und konnten einfach loslegen.“ ‍ ‍ Was seit diesen Tagen – „damals sassen wir zu dritt im Golf mit unseren Playern und dem Mikro und fuhren so zum Konzert“ – womöglich auf der Strecke geblieben ist, ist die jugendliche Unbeschwertheit. War Bligg vor „0816“ einer von vielen Schweizer Musikern, die sich mit Biegen und Brechen mit den Erzeugnissen ihres Schaffens über Wasser halten konnten, ist Bligg heute eine kleine Firma. Und wenn der Kopf nicht voll funktioniert ist, gerät der ganze Körper ins Stottern. Eine Erfahrung, die ihn neben dem künstlerischen Druck in zweiter Hinsicht die Hölle von innen sehen liess: Bligg musste gleich nach der New York-Session Polypen auf seinen Stimmbändern entfernen lassen. „Ich musste damit rechnen, dass meine Stimme vielleicht nicht mehr so klingt, wie vor der OP – oder ich gar nicht mehr singen kann, wenn die Wunden der Operation nicht sauber verheilen“, erinnert er sich. „Plötzlich war alles, woran wir arbeiteten und worauf wir uns freuten, in Frage gestellt.“ Doch eiserne Disziplin – drei Wochen Sprechverbot eingehalten und zwei Wochen nur das Minimum sagen – und vielleicht auch etwas Glück des Tüchtigen halfen, dass die Bliggs Stimme den Eingriff unbeschadet überstand. ‍ ‍ Und jetzt? „Das Album ist im Kasten und wir sind zufrieden damit“, sagt er. „Wir haben das Maximum herausgeholt - und sind jetzt auf die Reaktionen gespannt.“ Und während er so dasitzt und über HipHop, Kommerz und Credibility philosophiert, kommen wir plötzlich auf ein Thema zu sprechen, das in all den Jahren, in denen Bligg seit „Mit Liib und Seel“ vom straighten MC zum Frontmann einer Band geworden ist, immer wieder irgendwo auftaucht: „Okey-Dokey – Vol II“ – „Ich weiss, wir hatten damals versprochen, eine zweite solche Mix-Platte zu machen“, sagt Bligg und lächelt, „und die Lust, mal wieder einfach vier Wochen mit den Sound-Maschinen ins Studio zu gehen und nach dem Motto Back to the roots loszulegen, ist riesig.“ Aber: „Auch Bliggs Tag hat nur 24 Stunden. Ich kann nicht alles gleichzeitig machen.“ ‍ ‍ Und so geht’s jetzt halt erstmal wieder auf Tour. Bis es Bligg live gibt, dauert’s allerdings noch eine Weile: Die „Bart aber herzlich“-Tour startet am 4. Februar 2011 in Zofingen. Warum diese lange Wartezeit? „Damit die Leute Zeit haben, die Songs auswendig zu lernen.“ Sagt’s mit einem Lachen und macht sich auf zum nächsten Interview-Termin… Die Tourdaten hat er uns auf seiner Homepage hinterlassen

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